
Die Anwendung des Behandlungsvertrages nach § 630a ff. BGB für das Apotheker-Patienten-Verhältnis rückt immer näher. Jedenfalls dürften sich Apotheker künftig auch mit der Beweislastumkehr auseinandersetzen müssen.
Der Sachverhalt
Einem Apotheker wird die Verwendung eines in der EU zugelassenen, aber in Deutschland nicht verkehrsfähigen Arzneimittels zur Herstellung von Zytostatika-Zubereitungen vorgeworfen. Eben deshalb soll es bei der Klägerin zu schweren Nebenwirkungen und letztlich zu einer einseitigen Brustamputation in Folge eines Rezidives gekommen sein.
Das Urteil
Das LG Mainz (Az. 3 O 162/15; GesR 2018, 516-520) urteilte wie folgt:
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Das Verfahren wurde aufgrund von Verfahrensmängeln zurück an die Vorinstanz überwiesen.
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Es stehen Verstöße gegen den für Apotheker anzulegenden beruflichen Standard im Raum, die wie im Arzthaftungsrecht regelhaft von einem Sachverständigen in ihrer Schwere zu beurteilen sind. In der Arzthaftung spricht man vom sog. Facharztstandard, den es einzuhalten gilt. Anderenfalls begeht ein Arzt im Zweifel einen Behandlungsfehler.
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Grobe berufsrechtliche Sorgfaltspflichtverstöße – auch bei strafrechtlicher Unbedenklichkeit – begründen wie grobe Behandlungsfehler grundsätzlich eine Beweislastumkehr im Bereich des Kausalitätsbeweises. Der Patient hat damit nur den Schaden nachzuweisen – vorliegend das Rezidiv -, während der Apotheker die Fehlerfreiheit seines Tuns beweisen muss. Vorliegend zählen dazu die Qualität der verwendeten Arzneimittel sowie der Herstellungsprozess.
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Damit wird abermals die höchstrichterliche Rechtsprechung aus dem Bereich der Arzthaftung auf den Apotheker übertragen.

Warum ist die Beachtung von Beweisregelungen für Apotheker so wichtig?
Der Trend zur Übernahme ärztlicher Aufgaben durch den Apotheker nahm zuletzt stetig zu und ist auch aktuell wieder Gegenstand der gesundheitspolitischen Richtungsgebung – wesentliche Stichworte sind: Sichtbezug, Impfung, Folgeverordnungen und pharmazeutische Dienstleistungen. Spätestens jetzt sind grundlegende Fragen zur Rolle des Apothekers zu beantworten. Denn der moderne Apotheker hat sich von der reinen Funktion als Arzneimittelhersteller und Distributor entfernt und übt in der Versorgungsrealität originäre ärztliche Tätigkeiten aus. Damit erscheint die Anwendung der Regelungen über den Behandlungsvertrag nach §§ 630a ff. BGB auf den Apotheker und die damit verbundene Beweislastumkehr bei schweren Fehlern für die Rechtsprechung dringend geboten. Die Haftungsrisiken für den Apotheker steigen damit potenziell an und sollten in den Berufshaftpflichtversicherungen abgebildet werden.