Die EU-Kommission als Exekutive
Die Exekutive (=Regierung) in Brüssel ist die EU-Kommission. Diese erarbeitet mit je einem Kommissar aus jedem EU-Mitgliedsstaat EU-Richtlinien und EU-Verordnungen. Beides sind im Gegensatz zur deutschen Nomenklatur Gesetze, die im Falle der Verordnungen (Regulations) nach Inkrafttreten sofort EU-weite Rechtsverbindlichkeit besitzen und im Falle der Richtlinien (Directives) innerhalb von definierten Fristen in nationales Recht zu überführen sind.
Legislative und Judikative der EU
Die Legislative stellen das EU-Parlament (Straßburg) und der Rat der EU (Brüssel) dar. Sie verabschieden die o. g. Gesetzesentwürfe, deren Einhaltung die Judikative der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Sitz in Luxemburg prüft. Er fungiert als “Hüter der Gesetze” und prägt das Europarecht somit maßgeblich.
Ausführlichere Beschreibungen der EU-Organe gibt es hier
Einfluss des Europarechts auf das deutsche Gesundheitswesen
Das Europarecht hat auf mehreren Ebenen Einfluss auf das deutsche Gesundheitswesen. So werden regelmäßig Verordnungen erlassen die im (un)mittelbaren Zusammenhang mit der Patientenversorgung stehen. Aber auch Kernelemente der Arzneimittelentwicklung bzw. ‑zulassung sind inzwischen europaweit vereinheitlicht worden. Die Grundaussage, dass Gesundheit „Sache der Mitgliedsstaaten“ ist, stimmt somit nur bedingt. Denn das Zeil der EU ist nun einmal ein weitestgehend offener Binnenmarkt. Einzelstaatliche Restriktionen müssen daher erfahrungsgemäß sehr gut begründet sein. Dies wurde jüngst wieder beim zähen Ringen um die Verankerung einer Arzneimittelpreisbindung an das Sozialrecht – eigentlich Hoheitsrecht der Mitgliedssaaten – deutlich (vgl. Presseartikel der DAZonline).
Einfluss der Gesetzgebung
Ein Beispiel für eine Regulation mit mittelbarem Bezug zum Gesundheitswesen ist die Europäische Datenschutzgrundverordnung (EU DSGVO). Sie trat zum 25.05.2018 in Kraft und war somit ohne Übergangsfrist in der ganzen EU rechtsverbindlich. Die Folgen sind in jeder Apotheke z. B. durch die penible Beachtung der Einwilligungseinholung spürbar.
Eine EU-Directive mit unmittelbaren Bezug zur Versorgungsrealität ist beispielsweise die Fälschungsschutzrichtlinie. Auf Grundlage der Richtlinie 2011/82/EU wird nach Umwandlung in nationales Recht auf jeder Arzneimittelpackung ein Barcode zur Vermeidung von Arzneimittelfälschungen zu finden sein — Stichwort securPharm.
Einfluss der Rechtsprechung
Das letzte “große” Urteil mit Bezug zum Apothekenrecht entstammt dem Jahr 2016 (hier abrufbar). Seine Schockwellen sind bis heute Bestandteil der politischen Diskussionen zum Versandhandelsverbot bzw. der Gleichpreisigkeit. Konkret geht um die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, dass die deutsche Preisbindung für ausländische Versandapotheken nicht gilt. Damit haben die Versandapotheken — stand heute — einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Präsenzapotheken.