Warum Preisvorschriften?
In historischer Hinsicht unterlagen Arzneimittel in Deutschland im Teilmarkt der ambulanten Versorgung der uneingeschränkten Preisbindung. Dies ist nur noch bedingt der Fall. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind hiervon seit den 2000er Jahren grundsätzlich nicht mehr betroffen. Ein einheitlicher Abgabepreis ist damit lediglich für verschreibungspflichtige Arzneimittel garantiert.
Ein solch staatlicher Eingriff in die Privatautonomie ist keineswegs unüblich. Wir kennen dies auch aus anderen „wichtigen“ Bereichen (z. B. Buchpreisbindung). Gemeinsam haben solche Teilmärkte, dass diesen ein wesentlicher gesellschaftlicher Stellenwert beikommt (Gesundheitsversorgung, Kultur, etc.). Eingriffe werden insofern insbesondere über den Schutz dieser Teilmärkte gegen „ruinösen“ Preiswettbewerb gerechtfertigt. Auch den üblichen Tendenzen zur Marktkonsolidierung wird auf diese Weise entgegengewirkt; umgekehrt Anbietervielfalt und flächendeckende Versorgung geschützt – so jedenfalls die Theorie.
Neben diesen marktwirtschaftlichen Überlegungen liegt speziell dem im Gesundheitswesen verbreiteten Preisdiktat ein weiterer Gedanke zugrunde. Patienten nehmen aufgrund ihres Erkrankungszustands eine „schwache“ Position gegenüber den Leistungserbringern ein. Damit diese Not nicht ausgenutzt werden kann („Wucher“), schreiben die Gesetzgeber den Gesundheitsberufen überwiegend seit dem Mittelalter die Abrechnung über Preistaxen vor.
Kein einheitliches System
Wie auch im ärztlichen Bereich existiert auch im Arzneimittelbereich kein einheitliches Vergütungssystem (vgl. Lektion „Grundlagen der ärztlichen Vergütung“). Es muss zwischen der Abgabe von Arzneimitteln an Privatpatienten und zulasten der GKV unterschieden werden – und erforderlichenfalls Tiere als Sonderfall mit eigenen Preisvorschriften. Die Regeln ergeben sich aus der Arzneimittelpreisverordnung.
Rahmenbedingungen am Beispiel von Privatpatienten:
Abgabepreis für einen Privatpatienten
Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers + Großhandelszuschlag (3,15% + 0,70Cent) + Apothekenzuschlag ((3% + 8,35€) + Notdienstfond/Fond für pharm. Dienstleistungen (0,21Cent + 0,20Cent)) + MwSt (19%).
Abgabepreis zulasten der GKV
Der GKV wird nicht der „volle“ Arzneimittelpreis (Listenpreis) in Rechnung gestellt. Folgende Rabatte sind zu gewähren:
- Apothekenrabatt i. H. v. 1,77€,
- Gesetzliche Zuzahlung (10%; zwischen 5 und 10€, vgl. Lektion „Gesetzliche Zuzahlung“),
- Herstellerrabatte (vgl. Lektion „Herstellerrabatte und Rabattverträge“)
Beispielrechnung