Sinn und Zweck
Auch Festbeträge sind ein lange etabliertes Sparinstrument in der GKV. Der Gesetzgeber hat diese bereist 1989 eingeführt. Der Festbetrag bezeichnet seitdem eine Erstattungsobergrenze für Arzneimittel, bis zu deren Höhe die GKV die Kosten hierfür übernimmt. Oberhalb dieses Betrages entstehen die sog. Mehrkosten für den Versicherten, die dieser selbst – zusätzlich zur ggf. anfallenden Zuzahlung (!) – zu tragen hat (vgl. auch Lektion „Gesetzliche Zuzahlung“). Kombiniert man diesen Aspekt mit der Tatsache, dass sich ein pharmazeutischer Unternehmer aus Gründen des Wettbewerbs zumeist an einem existierenden Festbetrag orientieren wird, kann die Finanzwirksamkeit dieses Instruments erahnt werden. Aus diesem Grund könnte man von einem indirekten Eingriff in deren Preisautonomie sprechen.
Rahmenbedingungen
Die Gesetzesgrundlage der Festbeträge für Arznei- und Verbandsmittel bilden die §§ 35 und 35a SGB V. Hier ist festgelegt, für welche Arzneimittel Gruppen gebildet und in welcher Höhe die Festbeträge festgesetzt werden. Grundsätzlich gilt, dass es solche lediglich für solche Arzneimittel geben kann, deren Patentschutz abgelaufen ist und die eine vergleichbare Wirksamkeit haben. Ausnahmsweise dürfen Patentarzneimittel einbezogen werden, wenn sie nach Bewertung des G-BA keinen therapeutischen Mehrwert bieten (vgl. Lektion „frühe Nutzenbewertung“).
Festbetragsgruppen
Grundsätzlich können Festbeträge dort festgelegt werden, wo ausreichende Verordnungsalternativen bestehen. Die Festbetragsgruppenbildung erfolgt dabei durch den G-BA auf drei Stufen. Die erste Stufe umfasst Arzneimittel mit gleichem Wirkstoff, Stufe zwei erfasst Arzneimittel mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen und Stufe drei gilt für Wirkstoffe mit therapeutisch vergleichbarer Wirkung.
Gruppenbildung
Wichtig ist, dass der Gesetzgeber nur eine vergleichbarer Wirksamkeit der Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe (Stufe 3) als „Mindestanforderung“ definiert. Dies ist wesentlich, denn in der Praxis besteht oftmals der Irrglaube, dass nur wirkstoffidentische Arzneimittel in sog. Festbetragsgruppen zusammengefasst werden. Dies ist nicht der Fall, da eine vergleichbare Wirksamkeit innerhalb einer solche Gruppe ausreichend ist. Insofern können auch ähnliche Wirkstoffe innerhalb einer Gruppe zusammengefasst werden. Und genau deswegen kann nicht jeder „Mehrkosten-Problem“ in der Apotheke gelöst werden. Denn dort ist ein Wechsel des Wirkstoffs eben nicht erlaubt, sondern nur „aut-idem“ unter der Grundbedingung der Wirkstoffgleichheit (vgl. § 129 Abs. 1 SGB V).
Preisfindung
Ist die Gruppenbildung abgeschlossen, fließen von allen am Markt befindlichen Arzneimitteln Preis, Wirkstärke und Packungsgröße in eine Regressionsformel ein. Bei den Stufen zwei und drei wird zusätzlich noch die Äquivalenz der unterschiedlichen Wirkstoffe berücksichtigt. Prägend wirkt die auf diese Weise identifizierte Preisspanne, da der Festbetrag im untersten Drittel angesetzt werden soll. Der Umsatz (Marktanteil) der Präparate kann zum Ausschluss bei der Berechnung führen und das Ergebnis auf diese Weise beeinflussen.
Die Festbeträge unterliegen einer regelmäßigen Überprüfung (SOLL: jährlich). Auch eine veränderte Marktsituation (z. B. Neueinführungen oder Ablauf Patentschutz) können zu Verschiebungen führen.
Eine Vielzahl der festbetragsgebundenen Arzneimittel ist so günstig, dass sie von ihrer Zuzahlung befreit werden. Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 30 v. H. niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, kann die GKV von der Zuzahlung freistellen (vgl. § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB V). Denn in diesem Fall ist immer gewährleistet, dass die Ersparnis der Krankenkassen (die 30% unter dem Festbetrag) größer ist, als der Verlust durch die fehlende Selbstbeteiligung der Patienten.