Das Wesentliche in Kürze
Sieht man von Verwechslungen zwischen Zuzahlungen gemäß § 61 SGB V und anderen Kostenbeteiligungen des Patienten (z. B. Mehrkosten oder Eigenbeteiligungen) in der Praxis ab, so handelt es sich bei der sozialrechtlichen Zuzahlungsregelung um eine vergleichbare simple Vorschrift. Patienten haben eine Zuzahlung von grundsätzlich 10 %, mindestens jedoch 5 Euro und maximal 10 Euro, keinesfalls aber mehr als den Arzneimittelabgabepreises im Rahmen der Arzneimittelversorgung beizusteuern. Dieser Grundsatz gilt sofern keine patientenindividuelle Ausnahme gemäß § 62 SGB V vorliegt (Erreichen der sog. Belastungsgrenze, s. u.), oder die Krankenkasse im gesetzlich zulässigen Rahmen auf die Erhebung einer Zuzahlung verzichtet hat. Dies kann etwa bei Rabattarzneimitteln (vgl. Lektion „Herstellerrabatte und Rabattverträge“) oder bei festbetragsunterschreitenden Arzneimitteln (vgl. Lektion „Festbeträge“) der Fall sein.
Grundgedanken
Würden Arzneimittel vollständig kostenfrei an den Versicherten abgegeben, würde keinerlei Anreiz zu einem kosten- oder gesundheitsbewussten Verhalten gesetzt. Bereits seit 1923 kennt das Sozialrecht daher eine Selbstbeteiligung für Arzneimittel, die von Versicherten zu leisten ist. Über die konkrete Ausgestaltung des Steuerungsinstruments wurde und wird allerdings regelmäßig gestritten. Denn insbesondere dem Solidargedanken folgend bedarf es Lösungen für Haushalte mit geringem Einkommen, doch kann auch die Finanzwirksamkeit für die GKV nicht geleugnet werden. Um 7,4 und 15,6% der Arzneimittelausgaben wurde die GKV in der jüngeren Vergangenheit durch die Zuzahlung entlastet.
Zusätzlich zu den Zuzahlungsbegrenzungen (max. 10 Euro je Arzneimittelpackung) werden Versicherte daher durch eine Belastungsgrenze geschützt. Diese ist beim Anfallen von Arzneimittelkosten i. H. v. 2% des jährlichen Bruttoeinkommens (für chronisch Kranke bei 1%) erreicht. Versicherte, die voraussichtlich ihre Belastungsgrenzen überschreiten, haben die Möglichkeit, die gesamte Zuzahlung im Voraus zu leisten und sich so für das restliche Jahr von Zuzahlungen befreien zu lassen.
Umsetzungsdetails
Wie bereits in den ersten Lektionen dieses Kapitels besprochen, wird die Zuzahlung des Patienten grundsätzlich durch den Leistungserbringer im Rahmen einer gesetzlich-vertraglich auferlegten Inkasso-Fuktion eingezogen und mit den eigenen Ansprüchen gegen die GKV verrechnet. Aufgrund des gesetzlichen Kontrahierungszwangs der Apotheke (vgl. Insbesondere § 17 Abs. 4 ApBetrO) beinhaltet allerdings jeder Arzneimittelliefervertrag eine Auffangregelung für den Fall, dass ein Patient die Zuzahlung adhoc nicht leisten kann/will. Ggf. hat der Apotheker den Einzugsversuch und/oder eine Mahnung des Patienten nachzuweisen, sodann entfällt im Ergebnis aber immer die Inkasso-Funktion des Apothekers. Die Krankenkasse hat sich anschließend um das Eintreiben der Zuzahlung zu kümmern.