Kursinhalt
Einleitung
Ein kurzer Einstieg
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Grundzüge des Leistungsrechts in der GKV
Wer hat worauf Anspruch? Wer darf welche Leistung erbringen? Welche Grundsätze gelten für die Leistungserbringung?
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Arzneimittel in der stationären Versorgung
Arzneimittel spielen in medizinischer Hinsicht in der stationären Versorgung eine ebenso wichtige Rolle wie im ambulanten Bereich. Doch das pauschalierte System der Krankenhausvergütung führt dazu, dass dies in Bezug auf die Abrechnung mit Ausnahme sehr teurer Arzneimittel weniger bedeutsam sind. Um die Logik der Zusatzentgelte hierfür zu verstehen, gewährt dieses Kapitel einen Einblick in das Gesamtkonstrukt der Krankenhausvergütung.
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Arzneimittel in der ambulant-ärztlichen Versorgung
In diesem Kapitel geht es überwiegend darum, wie das ärztliche Verordnungsverhalten systemseitig beeinflusst wird. Denn "Verursacher" der Kosten bleibt der Arzt in jedem Fall.
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Sozialrechtliche Vergütungs- und Erstattungssysteme für Arzneimittel
Lerneinheit

Arzneimittel – für Ärzte kein (direktes) Honorarthema

Das ärztliche Vergütungssystem hat keinen direkten Bezug zum Thema Arzneimittel. Gleichwohl können die Hintergründe des ambulant-ärztlichen Vergütungssystems interessant sein. Denn viele Gespräche mit den Ärzten tragen befremdliche Begrifflichkeiten zu Tage: Honorarverteilung? morbiditätsorientierte Gesamtvergütung? Regelleistungsvolumnia? Wer hier mitreden will, der muss trotz regionaler Unterschiede im Kern lediglich die Grundsystematik verstanden haben.

Und was hat es mit dieses „Budgets“ auf sich, die angeblich immer am Quartalsende aufgebraucht sind, so dass viele Praxen dann für die Zeit ihren Urlaub oder Fortbildungen planen? Hierbei handelt es sich um ein sehr gutes Beispiel, welches zeigt, dass selbst Ärzte das Vergütungssystem scheinbar nicht ausreichend verstehen. Denn ein individuell-fixes „Budget“ wie im Krankenhausbereich existiert in der ambulanten Versorgung nicht; auch nicht für den Bereich der „veranlassten“ Leistungen wie z. B. Arzneimittel  (vgl. hierzu Lektion „Steuerungsinstrumente„). Was hingegen begrenzt wird, ist die Gesamtvergütung für den ärztlichen Bereich, die an die jeweiligen Praxen basierend auf den Leistungsdaten eines Quartals durch die Kassenärztlichen Vereinigungen verteilt wird. Doch auch hiervon gibt es Ausnahmen, die zusätzlich vergütet werden.

Weiterhin hilft das Grundverständnis zum ärztlichen Honorarsystem die Diskussionen um eine 2-Klassen-Medizin in Deutschland besser zu verstehen. Denn die Vergütung für Privatpatienten läuft nach einem anderen Schema als die Vergütung für GKV-Patienten. Insofern runden die folgenden Ausführungen auch die Lektion „Exkurs: 2-Klassen-Medizin?„, welche auf den Leistungskatalog fokussierte, ab.

Einleitung:

Vergütung für Privatpatienten:

Vergütung für GKV-Patienten – 1. Einleitung:

Gesamtvergütung

Die Krankenkassen leisten die sogenannte Gesamtvergütung mit schuldbefreiender Wirkung an die jeweilige KV (vgl. § 85 Abs. 1 SGB V). Die Höhe richtet sich insbesondere nach den Gesamtverträgen nach § 83 SGB V. In jährlichen Verhandlungen zwischen den jeweiligen KVen und den zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen wird somit „die Größe des zu verteilenden Kuchens“ festgesetzt. Der gedankliche Ausgangspunkt hierfür sind die sog. Kopfpauschalen. Hierzu stellt jede Krankenkasse der KV einen bestimmten Betrag pro Kopf ihrer Versicherten im entsprechenden KV-Gebiet zur Verfügung. Dieser Betrag wird um die jährliche Veränderung der Grundlohnsumme der Krankenkasse korrigiert. Dieses System wurde allerdings verfeinert (s. u.).

Die jährlich festgelegte und damit nicht veränderbare Gesamtvergütung wird durch die erzielten Punktsummen der Ärzte dividiert. Dadurch ergibt sich ein Punktwert in EURO. Ein Arzt, der den Anstieg der allgemeinen Betriebskosten ausgleichen will, wird mehr Punkte erbringen müssen. Denn die Punktwerte sind ebenfalls fix. Weil damit allerdings die Gesamtzahl der erbrachten Punkte steigt, sinkt der Wert des einzelnen erarbeiteten Punktes pro Quartal kontinuierlich. Damit sind sodann alle Ärzte gezwungen mehr Punkte zu erbringen, um ihr Einkommen auf dem vorherigen Niveau zu halten. Eine Maßnahme kann z. B. die Behandlung von mehr Patienten über längere Praxisöffnungszeiten sein. Dieser sich verstärkende Effekt wird auch Hamsterradeffekt genannt.

Feinjustierung

Um das Problem des einseitigen Risikos zu entschärfen wurde die morbiditätsorientierte Gesamtvergütung (MGV) eingeführt. Das Morbiditätsrisiko wird damit zum Teil wieder von den Krankenkassen mitgetragen.

Die Berechnung erfolgt unter Berücksichtigung der folgenden Faktoren:

  • Morbiditätsbedingter Behandlungsbedarf,
  • regionaler Orientierungswert sowie
  • Anzahl der Versicherten jeder Kasse.

Damit ist die Morbiditätsstruktur einer Krankenkasse direkt in der zu leistenden Gesamtvergütung abgebildet. Damit dies funktioniert, sind belastbare – also peinlich genaue – Abrechnungsdaten erforderlich. Denn das Morbiditätsrisiko wird aus leistungsrelevanten Diagnosen, Alter und Geschlecht über Krankheitskostenkategorien abgebildet. Auch sind gegebenenfalls Nachvergütungen fällig, z. B. bei einer Grippeepidemie.

Vergütung für GKV-Patienten – 2. Gesamtvergütung:

Der EBM – Leistungskatalog mit relativen Gebührenpositionen

Alle medizinischen Leistungen, die der Vertragsarzt im Bereich der GKV abrechnen kann, sind im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) festgelegt. Es handelt sich damit um einen abschließenden Katalog. Weitere Leistungen sind keine GKV-Leistung und allenfalls privat zu liquidieren.

Der EBM wird auf Bundesebene im Bewertungsausschuss zwischen der KBV und den Spitzenverbänden der Krankenkassen festgelegt und ist bundesweit einheitlich – „Einheitlicher Bewertungsmaßstab für alle “ (vgl. § 87 SGB V).

Aufbau und Struktur

Der EBM beinhaltet keine fixen EURO-Beträge je Abrechnungsposition. Stattdessen verwendet er sog. EBM-Punkte. Jede Leistung wird im sog. Bewertungsausschuss einem dem Aufwand entsprechenden Punktwert relativ zu den anderen Leistungen vergeben.

Die Struktur des EBM zeigt eine Zuordnung der Leistungen zu den einzelnen ärztlichen Fachgruppen sowie Aggregation von Einzelleistungen zu Pauschalen – soweit möglich und sinnvoll.

Der EBM gliedert sich zudem in mehrere Teile:

  • Allgemeine Bestimmungen
  • Arztgruppenübergreifende allgemeine Gebührenordnungspositionen
  • Arztgruppenspezifische Gebührenordnungspositionen
  • Arztgruppenübergreifende spezielle Gebührenordnungspositionen
  • Kostenpauschalen
  • Anhänge

Das Prinzip der Pauschalierung wird am Beispiel der hausärztlichen Versorgung besonders deutlich. Denn der Arzt erhält pro Quartal in dem ein Patient den Arzt aufsucht einmalig eine Versichertenpauschale in Höhe eines definierten Punktwertes. Allenfalls fakultativ kann er für zusätzlich abrechnungsfähige Leistungen weitere Punkte durch einen Patienten verdienen. Das Pendant bei Fachärzten nennt sich Grundpauschale.

Allgemeine Bestimmungen

Die allgemeinen Bestimmungen beschreiben die Inhalte von Leistungen bzw. Leistungskomplexen. Sie gelten für Vertragsärzte, Psychotherapeuten, Psychotherapeuten sowie weitere an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer.

Arztgruppenübergreifende allgemeine Gebührenordnungspositionen

Die arztgruppenübergreifenden allgemeinen Leistungen sind in allgemeine und allgemeine diagnostische und therapeutische Leistungen unterteilt. Sie können von jedem Vertragsarzt berechnet werden, sofern dieser auch in den Präambeln eines arztgruppenspezifischen Kapitels aufgeführt ist.

Arztgruppenspezifische Gebührenordnungspositionen

So wie das SGB ganz allgemein unterscheidet auch der EMB zwischen der hausärztlichen und der fachärztlichenVersorgung. Während dem Hausarzt Abrechnungspositionen der hausärztlichen Strukturleistungen, Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung sowie der Kinder- und Jugendmedizin zur Verfügung stehen, so finden sich unzählige EMB-Ziffern differenziert in 26 Abschnitten für die Fachärzte. In den jeweiligen Präambeln wird definiert, welche Arztgruppe aus diesem Kapitel des EBM Leistungen erbringen kann und abrechnen darf.

Arztgruppenübergreifende spezielle Gebührenordnungspositionen

Die Abrechnung von Gebührenziffern der arztgruppenübergreifenden speziellen Leistungen ist an besondere Qualifikationen oder Voraussetzungen gebunden. So können Fachkundenachweise, apparative Anforderungen, die Teilnahme an Maßnahmen zur Qualitätssicherung oder weitere in den entsprechenden Präambeln genannten Bedingungen erforderlich sein. Dieser Abschnitt zielt somit insbesondere auf spezielle Versorgungsbereiche (z. B. Allergologie, Schmerztherapie etc.) ab.

Kostenpauschalen und Anhänge

Hierbei handelt es sich um eine Sammlung von typischerweise administrativen Tätigkeiten und Positionen die sich in die o. g. Systematik nicht eingliedern lassen. Dabei kann auch vom „Punkte-System“ des EBM abgewichen werden. In den Kostenpauschalen werden beispielsweise der Versand von Röntgenaufnahmen oder Arztbriefen oder Sach- und Dienstleitungen im Rahmen einer Dialyse mit festgelegten EURO-Beträgen belegt. Weiterhin finden sich insbesondere in den Anhängen Klarstellungen zur Abrechnung (z. B. Anhang 1 – nicht gesondert berechnungsfähige Leistungen oder Anhang 4 – nicht oder nicht mehr berechnungsfähigen Leistungen).

Vergütung für GKV-Patienten – 3. Abrechnung nach EBM:

Honorarverteilungsmaßstab

Ab dem Zeitpunkt der Überweisung der Gesamtvergütung schuldet nicht mehr die Krankenkasse dem Arzt seine Vergütung (Honorar), sondern seine KV. Letztere muss das zur Verfügung stehende Budget unter ihren Mitgliedern leistungsgerecht verteilen (Honorarverteilung). Die Auszahlung der ärztlichen Leistungen der Ärzte erfolgt über die KV über den sog. Honorarverteilungsmaßstab (HVM). Den gesetzlichen Rahmen bildet (vgl. § 87b SGB V), welcher die konkrete Ausgestaltung der Satzungshoheit der jeweiligen KV unterstellt.

Instrumente der Honorarverteilung

Als Instrumentarium für die Honorarverteilung steht folgende strukturelle Einteilung für verschiedene Leistungen zur Verfügung:

  • Die freien Leistungen außerhalb der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung (MGV)
    • Belegärztliche Leistungen
    • Ambulantes Operieren
    • Prävention
    • Früherkennung
    • Schutzimpfungen
    • Vergütung für Leistungen innerhalb besonderer Verträge (§ 73b, § 73c, § 137f-g oder § 140a-d SGB V)
  • Die freien Leistungen innerhalb der MGV
    • Besondere Inanspruchnahme und dringende Besuche
    • Notfalldienst
    • Labor
  • Das zusätzliches Honorar für qualitätsgebundene Leistungen
    • Sonographie
    • Psychosomatik
    • Langzeit-EKG
    • Chirotherapie
    • Teilradiologie
  • Die Grundleistungen innerhalb des Regelleistungsvolumens
    • alle übrigen Leistungen gemäß EBM umfassen, die in den vorgenannten Punkten nicht enthalten sind.

Mengenüberschreitung

Überschreitende Punktmengen werden nach folgendem Schema abgestaffelt vergütet.

  • Überschreitet die Fallzahl eines Arztes im Vorjahresquartal die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe um mehr als 50%, erhält er nur 75% des durchschnittlichen Fallwertes seiner Fachgruppe.
  • Bei mehr als 70% Überschreitung erhält er nur noch 50% usw.

Die zugrunde liegenden Regelleistungsvolumina (RLV) werden arztgruppenbezogen unter Berücksichtigung der Fallzahlen und -werte, einer bedarfsgerechten Versorgung sowie der Zahl und Altersstruktur der Patienten berechnet.

Vergütung für GKV-Patienten – 4. Honorarverteilung:

Extrabudgetäre Leistungen

Der geringere und nicht der Richtwertvolumina unterliegende Teil der ärztlichen Leistungen (ca. 30 Prozent) wird zum vollen Preis der Euro-Gebührenordnung außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet. Dieser Vergütungsbereich wird als extrabudgetäre Gesamtvergütung (EGV) bezeichnet.

Beispiele für EGV-Leistungen sind z. B. ambulante Operationen, Gesundheits- und Früherkennungsuntersuchungen, Mutterschaftsvorsorge, Impfungen oder Leistungen im Rahmen der qualifizierten Versorgung krebskranker Patienten.