Berufsgerichtsbarkeit
Die Einhaltung der Berufsordnung wird durch die jeweilige Heilberufekammer überwacht. Diese kann bei kleineren Vergehen Disziplinarmaßnahmen ergreifen.
Größere Verstöße gegen die Berufs- und Standespflichten werden in einer eigenen Gerichtsbarkeit in einem berufsrechtlichen Verfahren geahndet. Wie wir noch genauer betrachten werden, können die möglichen Folgen gravierende Auswirkungen haben. Dies verdeutlicht abermals, dass sich ein Vergleich der Satzung „Berufsordnung“ mit einer Vereinssatzung verbietet. Berufsordnungen prägen den Berufsalltag der Heilberufe in erheblichem Ausmaß.
Der Berufsgerichtsbarkeit unterliegen alle verkammerten Heilberufe, somit auch Arzt und Apotheker. Im Kurs zum allgemeinen Recht wurde über die verschiedenen Gerichtsbarkeiten gesprochen (5 Arme der Gerichtsbarkeit). Dort wurde bereits angedeutet, dass die Heilberufe zusätzlich der sog. Berufsgerichtsbarkeit unterworfen sind. Man könnte daher theoretisch vom „6. Arm der Gerichtsbarkeit“ für Ärzte und Apotheker sprechen.
Austragungsort: Ordentliche Gerichte
Die Berufsgerichte sind Gerichte für besondere Sachgebiete und i. d. R. an die ordentliche Gerichtsbarkeit angegliedert. Dies ist in den jeweiligen Heilberufekammergesetzen genau geregelt.
Kammer als Kickstarter
Die Heilberufekammern sind mit der Überwachung der Einhaltung der berufsrechtlichen Vorgaben betraut. Die Landesapother- und Landesärztekammern fungieren in diesem Zusammenhang im Rahmen ihrer Überwachungsaufgabe auch als „Annahmestelle“ für Beschwerden und Anzeigen bzgl. beruflichen Fehlverhaltens. Solche Beschwerden werden i. d. R. durch Patienten, deren Angehörige, Ärzte oder andere Apotheker erhoben. Sofern das kammerinterne Beschwerdeverfahren den Anfangsverdacht erhärtet hat, wird nach Anhörung des Betroffenen und entsprechender Beschlussfassung durch den Vorstand der Heilnberufekammer ein berufsrechtliches Verfahren eingeleitet.
Folgend wird beispielhaft die Situation in Baden-Württemberg beleuchtet, da das Berufsrecht – zumindest vom strukturellen Aufbau her – sehr „eisern“ wirkt. Für Prüfung und Praxis sind immer die jeweils maßgeblichen Landesregelungen zugrunde zu legen! Du findest diese i. d. R. auf der Website Deiner Kammer. Eine komplette Verfahrensübersicht findest Du hier.
Der Kammeranwalt
Der nächste Schritt ist die Weiterleitung der Anzeige an den Kammeranwalt. Dieser führt die Ermittlungen gegen den beschuldigten Heilberufler und vertritt die berufsgerichtliche Klage im Verfahren vor den Berufsgerichten.
Zusammenspiel der Gerichtsbarkeiten
Das Berufsrecht ist organisatorisch eng mit den anderen Gerichtsbarkeiten verbunden. In der Praxis werden die zuständigen Stellen – hier Kammern – über das sog. MiStra-Verfahren (Mitteilung über Strafsachen) über strafrechtliche Verurteilungen informiert. Der Vorstand der Heilberufekammer entscheidet in diesen und im Falle der Kenntnis von anderen verwaltungsrechtlichen Urteilen gegen ein Pflichtmitglied über die Einleitung eines berufsrechtlichen Verfahrens. Bei der Entscheidung spielt regelmäßig der sog. berufsrechtliche Überhang eine wesentliche Rolle. Hierbei geht es insbesondere um die Frage, ob das Vergehen in Hinblick auf die berufsrechtlichen Aspekte des Verstoßes des urteilenden Gerichtes bereits ausreichend „gewürdigt“ wurde. Falls nicht, kommt ein berufsrechtliches Verfahren in Betracht.
Zuständigkeit der Berufsgerichtsbarkeit
Grundsätzlich kommt ein berufsrechtliches Verfahren bei schuldhafter Verletzung heilberuflicher Berufs- und Standespflichten in Betracht. In der Praxis geht es somit zumeist um Verstöße gegen die Berufsordnung. Aber auch Vorfälle aus dem Privatleben können die Berufsgerichtsbarkeit auf den Plan rufen. Denn es existiert auch vereinzelte Rechtsprechung, die einen berufsrechtlichen Überhang deswegen bejaht, weil ein ungebührliches Verhalten im Privatleben durchaus in der Lage sei das Ansehen des Berufsstandes zu beschädigen.
Berufsgerichtsbarkeit der Apotheker – Nur für Mitglieder
Der Berufsgerichtsbarkeit unterliegen ausschließlich Mitglieder der jeweiligen Heilberufekammer. Dies ist einer der Gründe für eine Pflichtmitgliedschaft der approbierten Heilberufe in den Kammern.