
Schutzimpfungen erhalten seit dem Jahr 2020 Einzug in deutsche Apotheken und erweitern das Leistungsportfolio der Apotheker (Impfen in der Apotheke). Dabei wird insbesondere der heilkundliche Charakter des Berufs gestärkt und ausgebaut. Zunächst findet dies „unter Vorbehalt“ statt, da es sich um befristete Erlaubnisse handelt, doch sollte mit Blick auf das EU-Ausland von einer Verstetigung ausgegangen werden. Apotheken, die die persönlichen, räumlichen und organisatorischen Anforderungen meistern, können sich damit ein weiteres Standbei im Dienstleistungsbereich schaffen.
Impfen in der Apotheke? Ist das überhaupt erlaubt?
Grundsätzlich handelt es sich bei Schutzimpfungen gemäß § 20 IfSG um eine ärztliche Tätigkeit. Als solche darf diese nur von Ärzten oder in deren Auftrag bzw. unter deren Verantwortung – also im Rahmen einer Delegation – durchgeführt werden. Mit Inkrafttreten des Masernschutzgesetzes am 1. März 2020 fiel allerdings der Startschuss für Impfungen in der öffentlichen Apotheke. Seither können im Rahmen von Modellvorhaben gegen Grippe impfen (Voraussetzungen siehe unten). Das politische Ziel war die Schaffung eines niedrigschwelligen Zugangs zur Impfung, um die Impfquote gegen Influenza vor allem in den Risikogruppen zu steigern. Dass das funktioniert, haben Erfahrungen aus anderen Ländern gezeigt.
Während der Corona-Pandemie im Winter 2021/22 hat der Gesetzgeber zudem beschlossen Apotheker – wie auch Zahn- und Tierärzte – in die sog. Booster-Kampagne mit einzubeziehen. Hierzu hat er § 20b IfSG erdacht, welcher diesen Berufsgruppen für eine begrenzte Zeit – und unter bestimmten Bedingungen s. u. – die Durchführungen von Corona-Schutzimpfungen erlaubt.
Insofern dürfen bestimmte Schutzimpfungen unter bestimmten Bedingungen und zunächst befristet auch in der Apotheke durchführbar.

Impfen in der Apotheke – welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden?
Will man das Impfen in der Apotheke anbieten, so muss man zunächst unterschieden, ob es um Grippe- oder Coronaschutzimpfungen geht. Denn es ist nachvollziehbar, dass es insbesondere in fachlicher Hinsicht Unterschiede gibt. Wie oben erwähnt, ist auch die rechtliche Legitimation für die Durchführung eine jeweils andere. Gleichwohl lassen sich auch Gemeinsamkeiten feststellen:
1
Apotheker, die eigenständig impfen wollen, müssen ärztlich geschult werden. So ist es in beiden Rechtsgrundlagen – § 132j SGB V für Grippeschutzimpfungen und § 20b IfSG für Corona-Impfungen – vorgesehen. Die Schulungsinhalte sind ähnlich, jedoch im Falle der Corona-Impfungen aufgrund der Notlage in der Pandemie reduziert. Vermittelt werden neben fachlichen Inhalten insbesondere Kenntnisse und Fähigkeiten, die eine ordnungsgemäße Aufklärung des Impfling sowie die fachgerechte Durchführung der Impfung gewährleisten sollen. Weitere Details und Mustercurricula für die Kursanbieter findest Du hier. Wichtig ist, dass sich die Impfbefugnis ausschließlich auf Approbierte beschränkt!
2
Für die Durchführung der Impfungen sind gewisse räumliche Anforderungen zu schaffen, die nicht unbedingt in jeder Apotheke vorliegen. Dazu gehört ein Raum, in dem die Privatsphäre der Patienten geschützt und der zudem mit einer Liege ausgestattet ist (wegen möglicher Impfreaktionen). Außerdem muss die Offizin gewisse Hygienestandards einhalten und die Impfstoffe vor Ort qualitätsgesichert lagern sowie fachgerecht für die Impfung vorbereiten können.
3
Für Impfschäden haftet gemäß § 60 IfSG regelmäßig der Staat (Staatshaftung). Doch für die (nicht-)ordnungsgemäße Durchführung haftet der Durchführende, also der Apotheker; und dies nach den behandlungsvertraglichen Grundsätzen gemäß §§ 630a ff. BGB, was die Beweislastumkehr im Falle eines groben Behandlungsfehlers einschließt. Bisher war dies im Apothekenrecht eher ungewöhnlich. Aus diesem Grund müssen die Apotheken eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen, die »mögliche Schädigungen aus der Durchführung der Schutzimpfung abdeckt«, wie es vom BMG heißt. Im ärztlichen Bereich sind Deckungszusagen für Personenschäden bis 2 mio. € und Sachschäden bis 100.00 € üblich.
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Einfach drauf los impfen funktioniert nicht. Das hat unterschiedliche Gründe. Bei den Modellvorhaben zu den Grippeschutzimpfungen liegt diesen der Tatsache, dass auf Landesebene entsprechende Verträge zwischen Apothekerverbänden und Krankenkassen geschlossen werden müssen. Wenn diese vorliegen muss die Apotheke diesem Vertrag beitreten, um die Impfungen durchführen zu können und eine Vergütung hierfür zu erhalten. Im Falle der Corona-Schutzimpfungen liegt dies darin begründet, dass die jeweilige Landesapothekerkammer das Vorliegen der Voraussetzungen jeder Apotheke bestätigen muss, damit jene diesen Nachweis nutzen können, um den Impfstoff rechtmäßig als sog. Bezugsberechtigte gemäß CoronaImpfV beziehen zu können.

Der Gesetzgeber hat die Tür zu neuen Dienstleistungen der Apotheken geöffnet und mit den Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen sowie Corona-Schutzimpfungen während der Pademiebekämpfung ist der erste Fuß in die Tür gesetzt. Aufgrund der behandlungsrechtliche Elemente, die mit der Substitution ärztlicher Tätigkeiten einhergehen, entsteht regelmüßig ein Behandlungsverhältnis. Dies geht mit der Einführung des Behandlungsvertrages als neuen Vertrags-Typus in das Apothekenrecht einher.